Warum die Frauenquoten-Diskussion keine Probleme löst

Auf den Punkt gebracht

Immer wieder wird diskutiert, dass Frauenquoten erhöht werden müssen – sei es in Unternehmen, Politik oder jetzt sogar in Bücherregalen. Aber ist das wirklich der richtige Weg zu mehr Gleichberechtigung?

Ist das wirklich eine Diskussion um die Anzahl an Frauen im Management? Um die Anzahl der Unternehmen die von Frauen geführt werden? Oder um die Diskussion, wie viele Bücher in deinem Bücherregal stehen, die von Frauen geschrieben wurden? Ganz offen und ehrlich: Ich bezweifle das. Und Frauen, mit denen ich über das Thema rede, geben mir recht. Sie fühlen sich von dieser Frauenquoten-Diskussion instrumentalisiert – denn es ist gar nicht ihre Meinung, die da vertreten wird.

Was ist also passiert? Geht es hier wirklich noch um Gleichberechtigung, oder wird inzwischen eine einseitige Sichtweise propagiert? Wird hier nicht plötzlich dasselbe Geschütz aufgefahren, dass diese Frauen gegen sich selbst so sehr ablehnen? Schauen wir uns das genauer an.

Die Vorgeschichte

Als ich im Internet recherchierte wie man sein Buch hier und da vermarken konnte, bin ich auf die Website von www.diebuch.at gestoßen. Eine Website über einen „feministischen Podcast“. Betrieben von Julia und Sophia, die beide lesebegeistert und Feministinnen sind. Soweit so gut.

Dort wird in einem Blogartikel zur „50:50, auch im Bücherregal: „Frauenquote-Challenge“ startet“ aufgerufen. Kurzum, man soll die Frauenquote im eigenen Bücherregal auf ein ausgeglichenes 50:50 Niveau heben und somit „unsichtbare“ Frauen unterstützen, denn Zitat „in der Vergangenheit dominierten männliche Stimmen die Bücherwelt – das zeigt ein Blick in die Literaturgeschichte“.

Was ist eine Feministin bzw. ein Feminist?

Jetzt muss ich allerdings kurz ausholen, bzw. eventuell den einen oder anderen Leser aufklären. Hast du dich schon mal gefragt, was es eigentlich bedeutet ein „Feminist“ oder eine „Feministin“ zu sein?

Eine Feministin oder ein Feminist ist eine Person, die sich für die Gleichberechtigung der Geschlechter einsetzt (aller Geschlechter – nicht nur Frau und nicht nur Mann). Feministinnen und Feministen kämpfen für die gleichen Rechte, Chancen und Freiheiten der Geschlechter in gesellschaftlichen Bereichen – sei es im Beruf, Familie oder im persönlichen Leben. Es geht also darum, für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung einzutreten.

Übrigens, das Wort Feminist oder Feministin leitet sich vom lateinischen Wort femina ab, was „Frau“ bedeutet. Das kann bei dem einen oder anderen Leser den Eindruck erwecken, dass es nur um Frauen geht, aber das ist nicht der Fall.

Das Wort Feminismus wurde im 19. Jahrhundert geprägt und bezog sich ursprünglich auf die Bewegung für Frauenrechte. Heute steht der Begriff für den Einsatz für Gleichberechtigung aller Geschlechter – nicht nur für Frauen, sondern auch gegen starre Rollenbilder für Männer.

Kurz gesagt: Der Begriff hat eine weibliche Wurzel, aber Feminismus betrifft alle Menschen, die sich für Fairness, gleiche Chancen und Rechte einsetzen.

Wann kann man nicht mehr von Feminismus reden?

Und hier fängt es an, etwas kompliziert zu werden. Denn Feminismus in seiner Bedeutung und Bewegung bedeutet grundsätzlich eine Gleichberechtigung für alle Geschlechter. Aber: Wenn jemand sich nur dann für „Gleichberechtigung“ einsetzt, wenn es um Frauen geht, aber Themen ignoriert oder ablehnt, die Männer oder andere Geschlechter betreffen (z. B. Sorgerecht, Suizidraten, häusliche Gewalt, Mobbing,…), dann kann man das einseitig oder sogar inkonsequent nennen.

Ein echter Feminismus sollte sich für Gleichberechtigung in beide Richtungen starkmachen. Sonst ist es weniger eine Gleichheitsbewegung und mehr eine Interessenvertretung. Manche nennen eine solche Haltung „selektiven Feminismus“ – oder kritisieren sie als „Gender-zentriert“ (Das bedeutet, dass nur eine Gruppe bevorzugt wird, statt sich für alle einzusetzen.) statt wirklich gleichberechtigt.

Gleichberechtigung bedeutet für ALLE zu kämpfen, nicht nur für eine Gruppe.

Zurück zur Frauenquote-Challenge im Bücherregal

Ja, es ist durchaus korrekt, dass in der Vergangenheit (!) männliche Autoren oft im Vordergrund standen. Das lag aber eher an den gesellschaftlichen Strukturen, die ihnen den Zugang zu Bildung und Veröffentlichung erschwert haben. Trotzdem gab es auch damals bemerkenswerte Autorinnen wie Jane Austen, Mary Shelley oder die Brontë-Schwestern, deren Werke heute als Klassiker gelten.

Natürlich ist es wichtig, historische Ungleichheiten zu erkennen, die wir nun nicht mehr ändern können – aber noch wichtiger ist es, die aktuelle Situation differenziert zu betrachten. Heute haben Autorinnen in vielen Bereichen bereits mehr Sichtbarkeit, und der Fokus sollte auf echter Vielfalt liegen – nicht nur auf Geschlecht, sondern auch auf Herkunft, Perspektiven und Genres.

Was mich persönlich an der Frauenquote-Challenge stört

Wenn das Ziel wirklich „Gleichberechtigung“ ist, könnte es konsequenter sein, auch andere unterrepräsentierte Gruppen einzubeziehen (z. B. Männer in Genres, die traditionell von Frauen dominiert werden wie z.B. Liebesromane oder Bücher über Erziehung und Pädagogik, oder nicht-binäre Autor:innen).

Auch die 50:50 Regel ist wiederum etwas, dass eine Gleichheit erzwingt. Doch eine erzwungene Gleichheit ist in Wahrheit gar keine Gleichheit – es ist ein künstliches Gleichgewicht, das nicht aus natürlichem Interesse oder individueller Entscheidung entsteht, sondern aus einer festgelegten Vorgabe. Und genau hier liegt das Problem: Echte Gleichberechtigung bedeutet, dass jede:r frei entscheiden kann, was er oder sie liest, schreibt oder unterstützt – ohne Quote oder Druck.

Natürlich ist es wichtig, auf Ungleichheiten aufmerksam zu machen und Vielfalt in der Literatur zu fördern. Aber wäre es nicht sinnvoller, Leser:innen zu ermutigen, einfach offener für verschiedene Perspektiven zu sein, statt ihnen eine feste Quote aufzudrücken? Statt „50 % weibliche Autorinnen“ könnte man sagen: Lies diverser, entdecke neue Stimmen – aber ohne starre Vorgaben. Denn Lesegenuss sollte nicht von Regeln bestimmt werden, sondern von Interesse, Qualität und persönlichen Vorlieben.

Gleichberechtigung heißt nicht, dass man auf Teufel komm raus Gleichverteilung erzwingt. Es bedeutet, dass niemand benachteiligt oder bevorzugt wird – egal ob Frau, Mann oder nicht-binär. Wer wirklich für eine gerechtere Literaturwelt kämpfen will, sollte nicht nur auf Frauen schauen, sondern auf alle unterrepräsentierten Gruppen, seien es Autor:innen aus ärmeren Verhältnissen, queere Stimmen oder Menschen mit Migrationshintergrund. Vielfalt bedeutet mehr als nur Geschlecht.

Statt starre Quoten einzuführen, sollten wir uns doch lieber fragen: Wie können wir Literatur wirklich vielfältiger machen – ohne künstliche Vorgaben, sondern durch echte Neugier auf unterschiedliche Perspektiven?

Fazit: Warum die Frauenquoten-Diskussion keine Probleme löst

Frauenquoten – ob in Unternehmen, der Politik oder nun sogar im Bücherregal – sollen vermeintlich Gleichberechtigung schaffen. Dochbei genauer Betrachtung lösen sie keine grundlegenden Probleme, sondern ersetzen eine Ungleichheit durch eine andere. Gleichberechtigung bedeutet nicht, starre Quoten einzuführen, sondern echte Chancengleichheit für alle zu ermöglichen – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder anderen Faktoren.

Statt auf reine Zahlen zu setzen, wäre es sinnvoller, strukturelle Hürden abzubauen, Vielfalt in der Literatur und im Berufsleben organisch zu fördern und Menschen zu ermutigen, ihre eigenen Interessen und Vorlieben frei zu gestalten – ohne Druck oder künstliche Vorgaben.

Echte Gleichberechtigung entsteht nicht durch Zwang, sondern durch Offenheit, Neugier und die Freiheit, selbst zu entscheiden. Wer wirklich für eine gerechtere Gesellschaft kämpfen will, sollte sich nicht nur auf Frauen konzentrieren, sondern auf alle unterrepräsentierten Gruppen. Vielfalt bedeutet mehr als nur Geschlecht.

Die Lösung liegt nicht in Quoten, sondern in echter Fairness.

Ronny Kühn
Autor, Content Creator, Unternehmer
Ronny Kühn, geboren 1979 in Merseburg und aufgewachsen in Österreich, bringt über 20 Jahre Erfahrung in Branchen wie Metallverarbeitung, IT und Telekommunikation mit. Nachdem er persönliche Herausforderungen wie ein schweres Burnout überwand, teilt er in seinem Buch „Falsche Chefs. Wahre Leader.“ praxisnahe Führungsstrategien.